"Klar. Danke. Wie war es heute Morgen?" – Ich setze mich zu ihm und wünsche Tomislav, der mit einem Tablett mit frisch geputztem Fisch am Tisch vorbeigeht, guten Morgen.
"Es war gut." – Eine Standardantwort. Ivo beschwert sich selten über seinen Fang.
Er ist einer der wenigen Menschen, die in diesem Archipel fischen dürfen. Da es sich um einen Nationalpark handelt, dürfen nur Grundbesitzer hier angeln – und er ist einer davon.
Es gibt reichlich Fisch, aber nur wenige Fischer. Es erinnert mich sehr an meine Kindheit auf den Inseln 60 km nördlich von hier. Die Fischereitradition stirbt langsam aus – seit wir Mitglied der EU sind dürfen lokale Fischer nicht mehr für sich selbst fischen, es sei denn, sie zahlen eine saftige Summe Geld für eine Lizenz. Dazu kommt noch, dass kommerzielle Fischer immer zahlreicher werden und immer mehr Fische fangen.
Hier auf den Kornaten ist es anders.
Hast Du die Bestien gesehen?" – er nickt mit dem Kopf und blickt lächelnd auf einen Esel, der um die Ecke bog und durch das Labyrinth kleiner Gassen wanderte. „Wir müssen ihnen Wasser geben.vSonst würden sie nicht überleben." – er wendet sich dem Meer zu und legt seine Hand auf eine Seite der Bank. – „Sie gehörten einem alten Mann in der nächsten Bucht, er war mein Cousin.
Er ist gestorben und jetzt gibt es niemanden, der sich um sie kümmert, also wandern sie herum und kommen in den trockensten Monaten zu uns." Wir sprechen über die Tiere und darüber, wie Menschen hier immer mit den Tieren zusammengelebt haben. Wir leeren die Gläser, Ivo nimmt sein Handy und schiebt es mit der Hand um den Tisch herum. Es fühlt sich an, als wäre dies kleine Gerät eine große Belastung und eine Quelle der Frustration, die er gerne vermeiden möchte:
" ... heute ist ein sehr ruhiger Tag.
Das wird noch Tage so dauern ..." sagt er besorgt.
Das ist normales Spätsommerwetter.
" ... aber unser Trinkwasser wird knapp.
Wir müssen „Bokanjac“ anrufen – sagt er mit beunruhigender Miene und bezieht sich dabei auf das Boot, das die Inseln mit Wasser versorgt und es zu einem Spitzenpreisen verkauft. Um Wasser hier zu bekommen braucht man gute politische Verbindungen, fast wie in der Serie "House of Cards". Bootskapitäne müssen in diesem Teil der Adria Dutzende Inseln mit Wasser versorgen. Natürlich sind die Kornaten nicht ihre Priorität – die Fahrt hierher ist lang und es gibt nur eine Handvoll Kunden, die das Wasser kaufen. Anders als auf den nördlicheren Inseln, die dichter besiedelt sind und näher an Zadar liegen, von wo die Inselbewohner mit Wasser besorgt werden. Es hilft auch nicht, dass der Handyempfang willkürlich funktioniert. Am besten funktioniert das auf dem nahegelegenen Hügel, der eine halbe Stunde zu Fuß entfernt ist, aber manchmal gibt es überhaupt keinen Empfang. So ist es heute schwierig Dinge zu koordinieren. Vor allem wenn die Menschen auf dem Festland (und sind wir das nicht alle) dazu neigen, die Dinge offen zu halten und Gespräche mit „wir reden später weiter“ zu beenden. Später ist der Empfang möglicherweise schon weg. Das Leben hier zwingt dich dazu, den Moment zu nutzen – die subtile buddhistische Weisheit durchdringt hier alles.
Gunter, ein Architekt aus Olm, der mich auf dieser Reise begleitet, arbeitet sich von seinem Haus hinunter zur Pier und zu den Tischen, die jetzt zum Frühstück gedeckt sind: lokal hergestellte Feigenmarmelade (von Frau Rosa, die zwei Häuser weiter wohnt), Ziegenkäse aus Sali, frisch gebackenes Brot und der Duft von Tomes ausgezeichnetem Espresso. Nach dem Frühstück brechen wir zu unserer Kajaktour zum westlichen Ende des Archipels auf. Es ist ein perfekter Tag fürs Kajaken. Das Meer ist flach wie Olivenöl und die Kajaks gleiten sanft auf der Oberfläche.
Später am Abend treffen wir uns wieder auf der Pier. Dieser kleine Steg ist wie ein Wohnzimmer. Ivo putzt seine Fische am frühen Morgen direkt am Meer, dann bewegt er sich entlang der Mauer weg vom Meer, um tagsüber den Schatten zu genießen. Am Nachmittag, wenn wir von der Kajaktour zurückkehren, liegen wir herum und lehnen uns an die Steinklampe, die in der
Mitte der Pier steht, trinken etwas und genießen die letzten Sonnenstrahlen, als wir der Sonne beim verschwinden hinter dem Horizont zusehen. Wir alle bewegen uns und benutzen diesen kleinen Streifen aus abgenutzten Steinen, die an allen drei Seiten vom Meer umgeben sind. Ein kleiner Steg - Architektur in ihrer einfachsten Form. Das köstliche Buzara wird serviert, mit einer lokalen Sorte von Bohnen und Kartoffeln als Beilage.
Ivo ist ein selbst-erlernter Koch, obwohl er gelegentlich einen Blick in seine "Enzyklopädie" wirft, damit sein Essen das gewisse Extra bekommt und noch außergewöhnlicher schmeckt.
Frische Öko-Zutaten helfen da auf jeden Fall. Wenn wir mit Ivo und Tome sprechen, scheint es, dass wir viele Dinge gemeinsam haben, vieles ist aber auch unterschiedlich.
Wir sprechen über Arbeit, Familie, Gesundheit und unsere Gewohnheiten, aber es scheint, dass all ihre Gespräche und Bemühungen irgendwie auf den natürlichen Fluss der Dinge abgestimmt sind. Und das beeinflusst ihre Leben am meisten.